Austern gehören in Europa zu den Delikatessen schlechthin und werden bereits seit 2.500 Jahren in Aquakulturen gezüchtet. Einst galten sie als Arme-Leute-Essen, heute sind sie Luxusfeinkost. Austern zu essen ist nicht nur chic, sondern auch gesund. Allerdings gibt es ein paar mehr Dinge zu erfahren…
Das Erfolgsrezept:
Das unaufhaltsame Erfolgsrezept der Austern hat seit der Urzeit sehr viel mit Zahlen zu tun. So kann eine einzige Europäische Auster zum Beispiel über 1 Millionen Eier produzieren. Im Gegensatz zu den meist getrennt geschlechtlichen anderen Muschelarten, ist sie zweigeschlechtlich. Sind nicht genug Männchen in der umliegenden Gegend vorhanden, dann findet ein ausgleichender Geschlechterwechsel statt. In kühleren Gewässern kann es vorkommen, dass Austern ihr Geschlecht nur einmal in Jahr ändern. Ist die Umstandstemperatur jedoch wärmer, dann können Auster auch mehrfach im Jahr das Geschlecht wechseln. Wissenschaftler, dass mehr weibliche Austern auftreten, je reichhaltiger ihre Nahrungsgrundlage Plankton ist.
Bedrohung
Trotz der immensen Anpassungsfähigkeit, vieler Klimawandel und vieler Naturkatastrophen stellt nach wie vor der Mensch die größte Bedrohung für die Auster da. Vor allem die Europäische Auster ist betroffen. Die einstigen großen Kolonien der Europäischen Auster im deutschen Wattenmeer gibt es schon seit sehr vielen Jahren nicht mehr. Allein ihr Handelswert als kulinarische Größe und Luxusgut gewährleistet ihren Fortbestand. Obwohl in den Ozeanen und Weltmeeren über 100 unterschiedliche Austernarten vorkommen zeigen sich im Laufe der Zeit evolutionstechnisch beachtliche Unterschiede. Manche Arten wurden sich mächtiger, andere entwickelten komplexere Scharniere für die beiden Schalenhälften. Wieder andere Arten ergänzten ihre Schalenfestungen mit beeindruckenden Spießen.
Wichtige Austernarten
Trotz der vielen unterschiedlichen Austernarten kümmern den Menschen in erster Linie zwei Austernfamilien: Die „echte“ Auster, weil diese votzüglich schmecken, und die Pteriidae, weil diese Gruppe der Austern tolle Perlen hervorbringt.Seit Menschengedenken waren kulinarische Austern für uns von hoher Bedeutung. Die Bedeutung der Perlauster erkannte man jedoch erst um das vierte Jahrtausend vor Christi.
Die Austernernte
Der unaufhaltsame Erfindergeist der Belle Epoche übertrug sich zum Glück auch auf die Austernindustrie. Bereits 1860 erlangte man in den Saaten ein Patent für ein verbessertes Austern-Schürfnetz. Es sah aus wie ein Gartenrechen und funktionierte in dem die Austern einem Sack zugeführt wurden. Hinter einem Boot hergezogen, konnte es effektiv enorme Mengen Austern vom Meeresboden befördern. Ähnliche Austern-Schürfnetze gab schon lang vorher in Europa. Anfangs wurden Gestelle mit Netzen aus Seehundfell-Riemen hinter Segelbooten hergezogen. Später wurden die Riemen durch Eisenringe ersetzt. Dem folgte 1868 ein US-Patent, welches vor allem das Heben der schweren Austernsäcke über ein ausgeklügeltes Rollensystem gewährleistete. 1892 stellte ein US-Patent dann sogar einen regelrechten “Austern-Bagger” vor, der die Austern mit Hilfe eines Förderbandes aus der Tiefe schürfte.
Die Austernkultivierung
Die heutigen Kultivierungsmethoden decken sich weitgehend mit denen der alten Griechen und Römer.Technologische Fortschritte und die bemerkenswerten Errungenschaften der Biologie bilden den Grundstein dieses Erfolges.Leider ergab sich die Erkenntnis der Notwendigkeit der Austernkultivierung erst kurz vor ihrer endgültigen Ausrottung um 1900. Austern sind inzwischen eines der größten Kultivierungsprojekte der Welt. Man erntet heute über 3 Mio. Tonnen pro Jahr. China und Japan sind dabei mit großem Abstand führend. Jedoch auch verhältnismäßig kleine Küstengebiete wie die Irlands bringen insgesamt ca. 7.000 Tonnen der einheimischen Europäischen und Pazifischen Auster pro Jahr hervor. Frankreich wiederum ist Europas größter Produzent mit ca. 150.000 Tonnen. Dank den tüchtigen Austernbauern gibt es heute sogar wieder vorzügliche Austern aus dem deutschen Wattenmeer, obwohl dessen natürliche Bestände schon vor fast hundert Jahren ausgestorben waren.
Die Zeit von 1900 bis heute kann guten Gewissens als die “Epoche der Wiedergeburt der Auster” bezeichnet werden. Grund: Die historisch den Adligen und Reichen vorbehaltenen Austern wurden sehr schnell auch vom gemeinen Bürgertum entdeckt. Bis heute sind so Austern in Frankreich längst eine traditionelle Speise zu Weihnachten und Neujahr. In USA wiederum ist eine der berühmtesten Füllungen des traditionellen Truthahns zu “Thanksgiving” seit jeher Austernfüllung.
Besucht man heute einen gut sortierten Fischladen, dann findet man auch Austern. Der relativ geringe Austernpreis wirkt fast wie ein Witz, wenn man bedenkt, dass der Wert einer Auster im römischen Reich ihrem Gewicht in Gold entsprach. Generell wirkt sich der Austernpreis heute natürlich auch auf die Entfernung zum Meer aus. Je näher am Meer, desto frischer sind die Austern auch mit aller Wahrscheinlichkeit.
Allein durch den einzigartigen Geschmack und den besonders hohen Nährwert der Austern, hat diese Muschel vermutlich das Glück, nicht schon vom Menschen ausgerottet geworden zu sein.Zwei Faktoren auf die niemand gern verzichten möchte. Zudem eignen sich einige Austernarten hervorragend zur kommerziellen Kultivierung.
Die Kultivierungsmethoden
Die Austernkultivierung wird seit jeher von den natürlichen Gegebenheiten eines Kultivierungsgebietes und der Austernart bestimmt.
Obwohl alle kulinarischen Austern ähnliche Umweltgegebenheiten bei der Kultivierung schätzen, bestehen auch Unterschiede zwischen einzelnen Austernarten. Sind einige Arten sehr anpassungsfähig, sterben andere wiederum schnell aufgrund kleinster Veränderungen ihrer Umgebung. So gelten Pazifische Austern als sehr anpassungsfähig, robust und wachstumsfreudig. Aus diesem Grund wird diese Austernart besonders gern kultiviert. Pazifische Austern wachsen im Brackwasserbereich stiller Meeresbuchten, wo Süßwasser sich mit dem einströmenden Meerwasser der Gezeiten mischt und somit den Salzgehalt kontinuierlich verändert. Sie besteht jedoch auch im Meerwasser.
Ein Austernbauer kann die Pazifische Auster oft auch im seichtesten Gezeitenbereich kultivieren, in dem sie ohne Schwierigkeiten für längere Zeit ohne Wasser auskommt. Sie lässt sich ebenso in tieferen und kühlen Gewässern finden. Auch extreme Temperaturunterschiede im Verlaufe eines Jahres kann sie oft wunderbar ertragen. Die Pazifische Auster ist daher die bedeutendste kulinarische Auster der Welt.
Gesundheit
Austern sind nicht nur besonders wohlschmeckend sondern auch absolut nahrhaft.Kaum ein anderes Lebensmittel kann es mit diesen kalorienarmen Powerpaketen aufnehmen. Zwar bestehen Austern zum Großteil aus Wasser, bieten dem Gourmet jedoch trotzdem eine fantastische Palette kostbarster Nährstoffe. Auch Menschen, die noch nicht auf den Geschmack der Auster gekommen sind, schätzen die Muschel in Form von Austern-Kapseln. Nicht nur die Muschel selbst, sondern auch die Austernschale ist von gesundheitlicher Bedeutung. Präparate die das Austernschalen-Extrakt enthalten, sagt man schmerzlindernde, entzündungshemmende und antirheumatische Kräfte nach. Den Ruf der Auster als Aphrodisiakum sollte jeder an dieser Stelle selbst einmal nachgehen.
Gesundheitliche Risiken
Strenge behördliche Maßstäbe, sowie meeresbiologische Prüfungen und Früherkennungs-Systeme für gesundheitsgefährdende Algen wachen über die Austernkultivierung und deren Handel in diversen Ländern. Diese Schutzmechanismen sorgen heute für einen sehr hohen gesundheitlichen Sicherheitsgrad beim Verzehr.Trotzdem kann nie völlig ausgeschlossen werden, dass Austern schädliche Parasiten oder Bakterien enthalten könnten. Beispielsweise gelten die Vorkommen der Bakterie Vibrio vulnificus während der wärmeren Monate April bis Oktober in den Meeresgewässern des Golfs von Mexiko als besonders hoch. Der rohe Verzehr einer befallenen Muschel kann für Menschen mit geschwächtem Immunsystem gefährlich werden. Durch den rohen Austernverzehr verursacht die Bakterie im Süden der USA jährlich schätzungsweise den Tod von etwa zehn Menschen.
Vernünftig ist es in der Regel generell auf den Verzicht von rohen Austern in Ländern, wo die gesundheitlichen Prüfungsmaßstäbe der Meeresgewässer unbekannt oder vielleicht als unzulänglich vermutet werden könnten zu verzichten. Niemals sollten wildwüchsige Muscheln jeglicher Art verzehrt werden, ohne erst die gesundheitlichen Gegebenheiten des Gewässers in Erfahrung zu bringen! Abhängig vom Hygienestatus einer Region können Muscheln aller Art zusätzlich eine potentielle Infektionsquelle unter anderem für Hepatitis A darstellen.